DINI-nestor-WS2

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2. DINI/nestor-Workshop "Datenmanagementpläne und ihre Bedeutung im Forschungsdatenmanagement"
Veranstaltet in Kooperation mit dem AK Forschungsdaten der Leibniz-Gemeinschaft
Ort: Geschäftsstelle der Leibniz-Gemeinschaft, Chausseestraße 111, Berlin
Zeit: 23. März 2015, 10:30 – 17:00 Uhr

Ankündigung

In der Diskussion um Forschungsdaten wird Datenmanagementplänen oft eine besondere Bedeutung zugemessen. In Großbritannien und den Vereinigten Staaten verlangen Förderer schon länger, dass Projektanträgen ein sogenannter Datenmanagementplan beiliegen soll, indem zu einer Reihe von Fragen Stellung genommen wird, wie z.B. ob und wie die Nachnutzung von Daten nach der Laufzeit erfolgen kann. Im EU-Programm Horizon2020 werden Datenmanagementpläne als neues Instrument ausprobiert. Als maßgebliche Online-Werkzeuge haben sich DMPOnline und DMPTool etabliert.

Auch in Deutschland gibt es eine Reihe von Institutionen und Projekten, die an diesem Thema gearbeitet haben. Allerdings sind die derzeitigen Vorgaben von den Förderern meist nicht so strikt oder konkret, wie die der britischen und US-amerikanischen Förderer, sodass Projektanträge oft nur vage allgemeine Erklärungen zum Datenmanagement enthalten. Aber auch unabhängig von den Vorarbeiten im angloamerikanischen Raum und der deutschen Situation sind eine Reihe von Fragen zu Datenmanagementplänen offen. So fehlen Analysen, Erfahrungsberichte und Best Practices für z.B. folgende Fragen:

  • Was ist die Rolle von Datenmanagementplänen und wie verbessern sie das Forschungsdatenmanagement? Besteht die Gefahr, dass die Rolle der Pläne auf einen Textbaustein in der Antragsstellung reduziert wird, während die Umsetzung hinterherhinkt?
  • Was ist eine sinnvolle Form von Datenmanagementplänen? Werden in den bisherigen Vorlagen die richtigen Themen in der richtigen Form behandelt?
  • Was sind angemessene Werkzeuge zur Erstellung von Datenmanagementplänen? Wie kann die Umsetzung von Datenmanagementplänen unterstützt werden?
  • Wie kann man Datenmanagementpläne etablieren und wer sollte dies tun? Sind eher einzelne Institutionen wie z.B. Universitäten oder eher Fachdisziplinen dafür geeignet? Welche Policies oder Service-Angebot haben sich in der Praxis als sinnvolle Maßnahmen erwiesen?
  • Wie kann nach dem Verfassen der Datenmanagementpläne auch ihre Umsetzung unterstützt werden? Welche Maßnahmen sind dafür sinnvoll und erfolgreich? Gibt es bereits Zwischenbilanzen aus der Praxis?

Die DINI-nestor-AG-Forschungsdaten möchte in Kooperation mit dem AK Forschungsdaten der Leibniz-Gemeinschaft das Thema Datenmanagementpläne auf einem Workshop am 23. März in Berlin in der Geschäftsstelle der Leibniz-Gemeinschaft behandeln. Wir laden dazu ein, Vorträge und Erfahrungsberichten zu den oben genannten und thematisch verwandten Fragen beizutragen.

Aufgrund der Raumkapazität ist die Teilnehmerzahl auf 50 begrenzt. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Das Anmeldeformular finden Sie unter http://dini.de/veranstaltungen/workshops/datenmanagementplaene/anmeldeformular/

Programm und Präsentationsfolien

9:30 bis 10:30 Uhr Registrierung
10:30 bis 10:45 Uhr Begrüßung und Einführung durch die Dini-nestor-AG Forschungsdaten
Jens Ludwig (Staatsbibliothek zu Berlin)
Begrüßung durch den AK Forschungsdaten der Leibniz-Gemeinschaft
Harry Enke (Leibniz Institut für Astrophysik)
10:45 bis 12:30 Uhr Block 1: Datenmanagementpläne: Zweck und Erfahrungen
Moderation: Janna Neumann
"Datenmanagementpläne als Instrument des Forschungsdatenmanagements aus der Sicht der DFG"
Brit Redöhl, Dr. Stefan Winkler-Nees (DFG)
„Höher, schneller, weiter? Datenmanagement mit Augenmaß!“
Dr. Astrid Recker, Sebastian Netscher, Jessica Trixa (GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften)
„Lessons learnt: Data Management Planning an der Universität Bielefeld“
Johanna Vompras (Universität Bielefeld)
„Datenmanagementpläne basierend auf Workflow- und Rollen-Modellen“
Paolo Budroni (Bibliotheks- und Archivwesen der Universität Wien), Raman Ganguly (Zentraler Informatikdienst der Universität Wien)
12:30 bis 13:15 Uhr Mittagspause
13:15 bis 15:00 Uhr Block 2: Werkzeuge zur Planung des Datenmanagement
Moderation: Jens Ludwig
"TUB-DMP - ein Werkzeug zur Erstellung von Datenmanagementplänen an der TU Berlin"
Fabian Fürste (TU Berlin)
"Anforderungen an ein Tool zur Erstellung von Forschungsdatenmanagementplänen"

Jochen Klar, Harry Enke (Leibniz Institut für Astrophysik), Claudia Engelhardt (SUB Göttingen), Jens Ludwig (Staatsbibliothek zu Berlin)

„Datenmanagement-Planung im GFBio-Projekt, eine Standortbestimmung“
Björn Quast (SUB Göttingen)
15:00 bis 15:30 Uhr Kaffeepause
15:30 bis 16:15 Uhr Block 3: Projekt- und Infrastrukturplanung zum Datenmanagement
Moderation: Peter Schirmbacher
„Die Datenbibliothek PANGAEA – Datenmanagement und Archiv für die Erdsystemforschung“
Stefanie Schumacher, Hannes Grobe (Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven)
„Forschungsdatenmanagement im GrK MuSAMA an der Universität Rostock“
Sebastian Schick, Karsten Labahn, Robert Stephan (Universität Rostock)
16:15 bis 17:00 Uhr Abschlussdiskussion: Wieviel Datenmanagementpläne brauchen wir?
Moderation: Peter Schirmbacher

Protokoll

Der zweite Workshop der DINI/nestor AG Forschungsdaten fand am 23.03.2015 in Kooperation mit dem AK Forschungsdaten der WGL in Berlin statt. Thema des Workshops war die Betrachtung von Datenmanagementplänen und ihre Bedeutung im Forschungsdatenmanagement und er war inhaltlich in zwei Blöcke aufgeteilt. Im ersten Block standen die Rahmenbedingungen der Wissenschaft und die Praxiserfahrungen mit Datenmanagementplänen im Vordergrund. Den Schwerpunkt des zweiten Blocks bildeten die existierenden Werkzeuge und gewünschte Verbesserungen.

Nach einer kurzen Einführung durch die Veranstalter präsentierten Herr Dr. Winkler-Nees und Frau Redöhl die Sicht der DFG. Die DFG strebt nicht nur ein Forschungsdatenmanagement an, das auf die Gute Wissenschaftliche Praxis zielt, sondern will darüber hinaus die Nachnutzung von Forschungsdaten unterstützen. Datenmanagementpläne werden als ein Mittel dafür gesehen. Es kann dafür aber keine standardisierte Form vorgegeben werden, weil es beträchtliche Unterschiede zwischen Disziplinen gibt und die DFG das Organ der Selbstorganisation der Wissenschaft ist. Die Bewusstseinsbildung und die Entwicklung von Anforderungen für Datenmanagementpläne muss aus den Fachdisziplinen selbst heraus erfolgen. Zudem müssen vor einer Verpflichtung auch geeignete Infrastrukturen und Dienstleistungen (z. B. Beratung) bereitstehen. Ein existierendes Förderangebot für die Infrastruktur sind die INF-Teilprojekte in SFBs. In der Diskussion wurden u.a. thematisiert, in welchem Umfang Karrieremöglichkeit für Datenmanager existieren und in welchem Maße und von wem die Nachhaltigkeit gewährleistet werden muss. Nicht alle Forschungsdaten müssten dauerhaft aufbewahrt werden und andere Wissenschaftsorganisationen wie z.B. die Leibniz-Gemeinschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft oder auch das BMBF seien stärker in der Verantwortung als die DFG.

In dem anschließenden Vortrag von Frau Recker (GESIS) – Datenmanagement mit Augenmaß – wurden die Besonderheiten vieler sozialwissenschaftlicher Daten (z.B. ethische und rechtliche Einschränkungen, Messungen schwer wiederholbar, umfassende Kontextinformationen für Interpretierbarkeit notwendig) und unterschiedliche Ebenen des Datenmanagements anhand eines fiktiven Fallbeispiels betrachtet. Je nach betrachteter Ebene wird ein unterschiedliches Maß an Datenmanagement benötigt. Für Qualitätssicherung, die sich v. a. auf Authentizität bezieht, wird weniger Aufwand benötigt als z. B. für Replizierbarkeit. Diese v. a. auf Validität bezogene Stufe stellt bezogen auf den Wert für die Wissenschaft ein Minimum dar. Für die Stufe der Nachnutzbarkeit hingegen ist ein sehr hoher Aufwand für das Datenmanagement notwendig. Berücksichtigt werden sollte bei der Planung des Datenmanagements immer auch der Aufwand im Bezug zum Nutzen, die in einem angemessenen Verhältnis stehen sollten. Daraus ergebe sich ein Entwicklungsbedarf im Bereich ökonomischer Modelle für den gesellschaftlichen Nutzen der Nachnutzbarkeit, disziplinspezifischer Kostenmodelle, Werkzeuge zur Kostenkalkulation. Die Diskussion drehte sich um den Wert von Daten und auch inwiefern er direkt ökonomisch oder allgemein gesellschaftlich sei.

Im dritten Vortrag stellte Frau Vompras von der Universitätsbibliothek Bielefeld den Beratungsservice und das DMPOnline Werkzeug zum Forschungsdatenmanagement an der Universität Bielefeld vor. Das mit Drupal umgesetzte Werkzeug basiert inhaltlich auf der WissGrid-Checkliste zum Forschungsdatenmanagement und soll zur Vorbereitung der Datenpublikation dienen. Das Werkzeug wird noch nicht intensiv genutzt, aber es konnten eine Reihe unterschiedlicher Nutzungsarten beobachtet werden: sehr kurzfristig benötigte Datenmanagementpläne für Förderanträge, Datenmanagementpläne als Vorbereitung eines eigenen langfristigen Projekts oder Datenmanagementpläne als Checkliste zur Kontrolle des eigenen Umsetzungsstatus. In allen Fällen war die Einbettung des Werkzeugs in ein Beratungsgespräch wesentlich und das Werkzeug diente den Wissenschaftlern oft als Gesprächsvorbereitung. Als besonders wichtig erachtet wurden Anpassungen an disziplinspezifische Anforderungen, entsprechende Vorlagen für spezifische Anwendungsfälle und die Nutzerwünsche nach Datensicherheit und Datenschutz.

Im abschließenden Vortrag der Session präsentierte Herr Brudoni, wie das Projekt eInfrastructure Austria Datenmanagementpläne an den österreichischen Universitäten vorbereitet und zu diesem Zweck Multiplikatoren-Workshops durchführt. Es wurden Rollen und Verantwortlichkeiten in diesem Kontext definiert und die Kernpunkte, wie die Schaffung eines gemeinsamen Rechtstraums in allen Phasen des Forschungszyklus, die automatisierte Erstellung von Datenmanagementplänen sowie der Bedarf für eine Rechtsberatung herausgearbeitet. Hingewiesen wurde auf die Vielzahl der betroffenen Datenarten, die weit über potentielle Open Access Daten hinausgehen, und die Vielzahl der involvierten Akteure, unter denen auch Verlage seien.

Die zweite Session setzte den Schwerpunkt auf konkrete Werkzeuge, um Datenmanagementpläne zu erstellen. Herr Fürste von der Technischen Universität Berlin leitete die Session mit einer Vorstellung des Werkzeugs TUB-DMP ein. TUB-DMP konzentriert sich darauf, die notwendigen Eingaben von Wissenschaftlern soweit wie möglich zu reduzieren und zu vereinfachen. So werden die Rahmendaten des Forschungsvorhabens automatisch aus dem Forschungsinformationssystem übernommen, es gibt Voreinstellungen für viele Standardwerte und viele nutzerfreundliche Details der grafischen Oberfläche wie Schieberegler, Tags und Fortschrittsbalken. Als kritische und notwendige Faktoren wurden die Reduzierung der Eingaben auf ein Minimum, der Datenschutz und der stete Kontakt mit Wissenschaftlern als Pilotpartner benannt. Der Quellcode ist auf GitHub unter https://github.com/tuub/TUB-DMP verfügbar.

Herr Klar vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam stellte Anforderungen an ein DMP-Werkzeug vor, deren Umsetzung im Rahmen eines Projekts geplant ist. Es wurden die bereits existierenden Werkzeuge verglichen und aufgezeigt, was an ihnen verbesserungswürdig ist oder was insbesondere an den Werkzeugen aus dem englischsprachigen Raum nicht für den deutschen Kontext übertragbar ist. Zentral sei, dass ein Werkzeug nicht primär die Anforderungen der Förderorganisationen erfüllen, sondern den gesamten Forschungsprozess unterstützen soll. Wichtige Funktionalitäten eines Werkzeugs seien eine Entscheidungsbaum-Struktur, sodass bereits als unzutreffend ausschließbare Fragen gar nicht erst gestellt werden, eine einfache lokale Installation und eine institutionelle und disziplinäre Anpassbarkeit der Inhalte.

Die Überlegungen zur Datenmanagementplanung beim GFBio-Projekt stellte Herr Quast von der SUB Göttingen dar. GFBio will Makler für eine Reihe von Datenzentren im Bereich von biologischen und Umweltdaten sein. Die Erstellung eines DMPs steht weniger im Vordergrund, sondern andere Aspekte, die als Teil der Planung des Datenmanagements wichtig sind und für die Werkzeuge entwickelt werden. Beispiele sind das Finden und Vermitteln von geeigneten Datenzentren an Wissenschaftler für ihre Forschungsdaten, die Schaffung einheitlicher Submission-Workflows und interaktive Helpdesk-Komponenten.

Frau Schumacher vom Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung berichtete über PANGAEA als Datenbibliothek aus der Erdsystemforschung, die internen Prozesse, Service-Angebote und eine bestehende Verlagskooperation. Datenmanagementpläne werden von PANGEA begrüßt, um eine Vereinheitlichung und Vorbereitung der Datenübergabe von den Wissenschaftlern an PANGAEA zu unterstützen. Denn einige Aufgaben im Übergabeprozess liegen bei den Wissenschaftlern, wie z.B. die Kontrolle überarbeiteter Metadaten im Sinne eines Proof Readings, die ohne Vereinheitlichung aufwändige Einzelfallbehandlung sind.

Über das Forschungsdatenmanagement im Graduiertenkolleg MuSAMA der Universität Rostock berichtete schließlich Herr Schick. In diesem Graduiertenkolleg wird sehr viel Software entwickelt, die einen Teil der Forschungsdaten bildet. Es werden Metadaten in XML/MODS mit 15 Pflichtfeldern vergeben und eine Dokumentation mit einer verbalen Beschreibung der Daten erstellt. Um eine Wiederholbarkeit zu ermöglichen, werden Image-Dateien von virtuellen Maschinen genutzt.

In der Abschlussdiskussion wurde eine Reihe von Punkten wieder aufgegriffen. Zwei zentrale Komplexe waren die Frage, wie man zu verbindlicheren Vorgaben für Datenmanagementpläne kommt, und wie man ein Angebot für Datenmanagementpläne gestalten sollte.

In der Diskussion um Vorgaben wurden zuerst klarere Kriterien und auch Konsequenzen sowie die Schaffung von Anreizen gewünscht und insbesondere die DFG in der Pflicht gesehen. Schnell wurde dagegen aber die Notwendigkeit eines Kulturwandels betont und dass die wissenschaftliche Gemeinschaft selbst (inklusive der Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer) Forschungsdaten als akzeptiertes Forschungsprodukt neben Publikationen ansehen muss. Dies könnte z.B. in der Zusammenarbeit mit Fachgesellschaften oder auch in den eigenen Institutionen befördert werden, indem es z.B. in der Kostenleistungsrechnung berücksichtigt wird.

Als eine Schwierigkeit bei der Gestaltung eines institutionellen Angebots für Datenmanagementpläne wurde zwar auch der Mangel an einfach installier- und betreibbaren Werkzeugen benannt, die Hauptschwierigkeit wurde aber im fehlenden Dienstleistungsangebot gesehen, in das Datenmanagementpläne eingebettet sein sollten. Ohne Beratungs-, Schulungs- und Fortbildungsangebote könnten Datenmanagementpläne keine Wirkung entfalten und ohne andere Werkzeuge für das Forschungsdatenmanagement wie z.B. Vokabulare und Ontologien zur Beschreibung von Forschungsdaten könnten viele Pläne nicht umgesetzt werden.